In diesem großartigen Haus aus der Blütezeit Schwerins veranstalten das Konservatorium Schwerin und Feldtmann Kulturell am 4. Oktober 1992 „zum Tag der Deutschen Einheit“ erstmals ein öffentliches Konzert gemeinsam mit jungen Schweriner und Hamburger Künstlern. Im Jahr 2011 lädt Feldtmann Kulturell zum 21. Mal zu einem Festkonzert mit ehemaligen Stipendiaten des Konservatoriums Schwerin ein. In den Jahren 1998 bis 2008 erhalten diese besonders begabten Schülerinnen und Schüler des Konservatoriums als finanzielle Unterstützung ein monatliches sog. „Notengeld“. Nachstehend sind sie namentlich aufgeführt.
Stipendiaten des Konservatoriums Schwerin
Dorothea Runge, Oboe, Flensburg,
1998 – 2000
Franka Diers, Oboe, Berlin,
1999 – 2004
Anna-Maria Piske, Oboe, Leipzig
1999 – 2004
Anke Zimmermann, Querflöte, Rostock,
2000 – 2004
Jacob Henschel, Klavier, Freiburg,
2002 – 2005
David Werner, Oboe, Hamburg
2004 – 2005
Friedemann Ramsenthaler, Bratsche, Weimar
2004 – 2006
Maria Mache, Oboe, Hamburg
2004 – 2006
Albrecht Kleinfeld, Oboe, Hannover
2005 – 2006
Justus Mache, Fagott, Berlin
2005 – 2008
Claudia Roick, Gesang, Schwerin
2006 – 2008
Johannes Ramsenthaler, Violoncello, Berlin
2006 – 2008
Dorothea Ramsenthaler, Klavier, Rostock
2006 – 2008
Im Zuge der Denkmalpflegeprojekte, denen sich Brigitte Feldtmann in Schwerin widmet, sammelt sie 1996/97 gemeinsam mit ihren Musikfreunden bei eigenen Konzertveranstaltungen mehr als 20.000,00 DM für die Rekonstruktion der historischen Wandbeleuchtung ein. Das Festkonzert nach Installation gestaltet im Herbst 1997 das „ensemble acht“, Oktett deutscher Orchester mit Werken von Detlev Glanert, Hans Werner Henze und Ferdinand Thieriot. Der Perzina-Saal erstrahlt nun im neuen Licht!
Als der Auszug der Stadtbibliothek aus dem denkmalgeschützten Haus 2011 bereits droht und der Perzina-Saal verkauft werden soll, heißt es, Abschied zu nehmen. Brigitte Feldtmann dankt besonders herzlich den Damen Lisa Ballschmieter und Heidrun Hamann für engagierte Organisation und Durchführung vor Ort. Sie hat mit ihnen gemeinsam viele wunderbare musikalische und freundschaftliche Erlebnisse geteilt.
Die bei den musikalischen Veranstaltungen in Hamburg und Schwerin erzielten Einnahmen dienen vorwiegend der Unterstützung der Denkmalpflege in Mecklenburg.
Christiane Möckel, Klavier und Justus Mache, Fagott.
Probe vor dem Konzert am 3. Oktober 2007
anlässlich des 100jährigen Bestehens des Perzina-Saals.
Über die Musik Werte vermitteln
Beitrag „express“ 27.8.2003, Helmut Schulz (gekürzte Wiedergabe)
Mit einer Festwoche feiert das Konservatorium Schwerin „Johann Wilhelm Hertel“ 50-jähriges Bestehen. „express“ widmet den Schlussbeitrag seiner Reihe zu diesem Jubiläum der Musikpädagogin Lisa Ballschmieter.
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Schon eine Treppe tiefer hört man die Musik – den hellen Ton der Querflöte, den näselnden Klang der Oboe, das clowneske Fagott und die geschmeidige Klarinette. In der 4. Etage des Konservatoriums-Interimsquartiers am Großen Moor mühen sich Dana aus Parchim, Luise aus Warnemünde sowie Justus und Marcus aus Schwerin an der „Simple Serenade“ von Gordon Jakob. Zur Jubiläums-Festwoche soll das Werk im Schülerkonzert im Perzinasaal erklingen. Und Lisa Ballschmieter ist durchaus noch nicht zufrieden. Temperamentvoll gibt sie die Einsätze, moniert, dass Flöte und Oboe im Tempo hinterherhinken, dirigiert, „das passiert bei Kammermusik aber nur bei der Probe“, bricht wieder ab. „Das hört sich ja an wie Fagott mit Begleitung“ ermahnt sie den jungen Fagottisten zu etwas weniger forte. Lisa Ballschmieter also in ihrem ureigensten Element, engagiert und energiegeladen bis in die Fingerspitzen, so wird sie von all ihren Schülern beschrieben, so erleben auch wir sie. Wer in Schwerin irgendwie mit Musik zu tun hat, kennt den Namen Lisa Ballschmieter. Ihr Ruf als Musikpädagogin reicht weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus. Ehemalige Schüler spielen deutschlandweit an prominenter Stelle in renommierten Orchestern.
Lisa Ballschmieter geht es in ihrer Arbeit durchaus nicht nur um die Ausbildung junger Berufsmusiker. Das zwar auch, denn sie hat derzeit fünf Schüler in der Studienvorbereitenden Abteilung des Konservatoriums. Aber: „Ich rate, wenn jemand diesen Beruf ergreifen will, mindestens zweimal davon ab“, sagt sie, „wenn er es dann immer noch will, dann soll er in Gottes Namen Musik studieren“. Und dann wird hart gearbeitet für die Aufnahmeprüfung. „Wenn diese geschafft ist, dann sind Schüler und Lehrer gleichermaßen stolz darauf.“
Aber die Zeiten sind schwierig und die Stellen für Musiker knapp, weiß sie. Und: „Ich glaube, dass viele glücklicher sind, wenn sie auf hohem Niveau als Amateure musizieren, als wenn sie es beruflich machen müssten. Die finden dann oft ihren Weg in gute Studenten- oder Laienorchester.“
Musik – das ist für Lisa Ballschmieter mehr als ein Beruf, das ist Berufung, es ist etwas, das das Leben bereichert, menschliche Werte vermittelt und in der Lage ist, dauerhafte menschliche Beziehungen zu knüpfen. Letztere gedeihen in den von ihr betreuten Kammermusikensembles besonders gut. „Ein Kammermusikensemble stellt man nicht eben mal schnell zusammen, das ist etwas, was wachsen muss, von den Freundschaften, die dabei entstehen, ganz zu schweigen. Schön ist es, wenn die Schüler mit Freude zum Unterricht kommen und hier Spaß an der musikalischen Arbeit haben und dann ebenso fröhlich wieder gehen“ sagt Lisa Ballschmieter, die ans Aufhören noch nicht denkt, auch wenn sie im kommenden Jahr die Pensionsgrenze erreicht. „So lange ich den jungen Leuten noch etwas geben kann, und noch bereit bin, mich auf etwas einzulassen, werde ich – dann allerdings nebenamtlich – weitermachen.“ Die Nachricht stimmt optimistisch!
Dies schrieb Helmut Schulz im August 2003, inzwischen, 2015 leitet Lisa Ballschmieter das Vororchester des JSO – nebenamtlich!
Lisa Ballschmieter, Schwerin, und Brigitte Feldtmann, Hamburg, sind beide Jahrgang 1939. Auch ihre Freundschaft ist über die Musik entstanden, und beide können noch nicht aufhören, den musikalischen Nachwuchs zu fördern.
Geschichte des Gebäudes
Perzina-Saal, Stadtbibliothek Schwerin, Wismarsche Straße 144
Nach gründlicher, handwerklicher und musikalischer Ausbildung in Sachsen (bei Schönbauer in Bautzen, Rönisch in Dresden, Druysen/Bechstein in Berlin) gründet Julius Perzina mit Bruder Albert 1871 in Schwerin eine Klavierfabrik. Da nicht nur in der Residenzstadt mit ihrer musikbegeisterten Bevölkerung, sondern auch im Land Mecklenburg ein großer Bedarf an guten Klavieren besteht, haben die Perzinas 1878 bereits ihr 300. Instrument gebaut, 200 Mitarbeiter werden beschäftigt.
1905, nach einem Brand der bis dahin recht bescheidenen Werkstatt, errichtet Familie Perzina in der Wismarschen Straße einen großen Geschäfts- und Produktionskomplex. Der gewaltige Jugendstilbau wird u.a. mit einem im Stil des Empire gehaltenen Konzert- und Vorführungssaal ausgestattet. Hier finden regelmäßig Konzerte bedeutender in- und ausländischer Künstler statt vor begeistertem Schweriner Publikum. Insgesamt sind in der Klavierfabrik über 30.000 Klaviere gebaut worden. Sie galt damals als größte Pianofortefabrik der deutschen Ostseeländer und unterhielt Niederlassungen u.a. in Rostock, Stettin, Kiel, Magdeburg, Kassel, Halle a.S., Köln, Antwerpen, Amsterdam, Utrecht, Christiania und Stockholm.
Während des 1. Weltkrieges nimmt die Firma Gebr. Perzina zusätzlich die Produktion von Flugzeugteilen und Stahlgranaten auf. Nach Kriegsende wird der Großindustrielle Fokker offiziell Inhaber und Direktor der Perzina-Werke. In den Jahren 1921 bis 1925 erlebt die Firma einen Aufschwung, nach erneuter Krise erlischt sie 1929.
Vorübergehend siedeln sich eine Matratzen- und Polsterfabrik sowie eine Autolicht- und Zündwerkstatt an. 1933 geht das Haus in den Besitz der Nazipartei über, das Gebäude wird zum Druckhaus des “Niederdeutschen Beobachters” umgebaut. Nach dem Krieg gehört das Haus weiterhin der Presse. Ab 1946 wird hier die “Schweriner Volkszeitung” als regionales Organ der SED gedruckt.
Nach Umzug der Presse und mehrjähriger Bauzeit und Rekonstruktion des Saales wird den Schwerinern in den 80er Jahren ein Teil des Hauses als Stadtbibliothek zugänglich gemacht. Bemerkenswert ist die relativ originalgetreue Wiederherstellung des Perzina-Saales, der heute wieder kulturell genutzt werden kann.
Zitat aus der Regionalpresse vom 7. Oktober 1907 über diesen Saal: …”in seinem feierlichen, vornehmen Empirecharakter, in seiner feinsinnigen Ausstattung ist er die Krönung des Gebäudes, ein wirklich einladender Raum, hoch und luftig, hell und licht in seinen Farben. Wenn aber das Konzert beginnt, dämpft sich der Glanz und in ruhiger Andacht darf man den Klängen lauschen, welche bei der so glücklich erreichten, wunderbaren Musik bis in die feinsten Tonabstufungen zum Ohr gelangen”…
Bis 1920 und nach 1946 gibt es wieder Konzerte, Lieder- und Operettenabende sowie Theateraufführungen. Auch als Versammlungs- und Speisesaal wird der Raum genutzt. Der Perzina-Saal soll einmal die beste Akustik aller Schweriner Konzertsäle besessen haben. In der heutigen Zeit beeinträchtigt eine lautstarke Geräuschkulisse, bedingt durch Straßenbahn und Autoverkehr, die Veranstaltungen.
So widerspruchsvoll die Nutzung des Perzina-Saales war, so widerspruchsvoll war und bleibt bis heute seine architektonische Gestaltung. Trotz mehrfacher Geschäftswechsel bleibt die Fassade 40 Jahre unverändert. Heute erkennt man starke bauliche Eingriffe, ja Verstümmelungen. Beide Rosettenfenster, die dem Saal durch farbiges Glas einstmals warmes Licht gaben, wurden ebenso zugemauert wie ein wesentlicher Teil der Rundbogenfensterfront.
Zitat vom 7. Oktober 1907: “Von der im schweren romanischen Stil erbauten Fassade des Gebäudes mit ihrer kühnen und imposanten Gliederung leitet dieser Eingang in seiner leichten romanisierenden Bauart zu dem gefällig angelegten, in weißem Farbton gehaltenen Treppenhaus über … Geschickt angebrachte Spiegel erweitern hier scheinbar das Vestibül, auf breiten, mit schweren roten Läufern bedeckten Marmortreppen steigt man zu den Garderoben empor, um sich in den Konzertsaal zu verfügen”. Die Gesamtgestaltung des Perzina-Hauses bringt, typisch für die Beamtenstadt Schwerin, die tradierten Vorstellungen der Repräsentationsarchitektur zum Ausdruck.
Weiteres Zitat von 1907: “Die gestrigen Feierlichkeiten beehrten Ihre Königl. Hoheiten, die Großherzogin Marie und die Großherzogin von Oldenburg, welche in der fürstlichen Seitenloge Platz nahmen, mit ihrer Gegenwart. Ferner waren zahlreiche Ehrengäste erschienen, unter ihnen Spitzen der Behörden, die Mitglieder des Kuratoriums der Perzina-Saal-Konzerte, musikalische Persönlichkeiten des ganzen Landes und von auswärts und Vertreter der Mecklenburger und der auswärtigen Presse.”